Storage Ausfall
Wie einige im August vielleicht gemerkt haben, hat es von Montag Nacht (14. August 2017) bis Mittwoch Abend einige technische Probleme bei uns gegeben. Diese haben dazu geführt, dass das Selfnet-WLAN nicht mehr funktioniert hat. Doch was war die Ursache dafür?
Alles fängt damit an, dass einige virtuelle Maschinen nicht mehr normal funktionieren. Schnell ist klar, dass dies kein Problem der jeweiligen virtuellen Maschinen, sondern unseres Storage-Clusters ist.
Unser Storage-Cluster basiert auf Ceph und stellt allen virtuellen Maschinen die Festplatten und damit etwa 100 TiB Speicherplatz bereit. Es besteht aus 3 Knoten (Nodes): Ein großer Klotz in Vaihingen (storage-1), ein weiterer großer Klotz in der Heilmannstraße (storage-2) und ein kleinerer nochmals in Vaihingen (storage-3). In der Theorie sollte der Cluster auch noch weiterhin funktionieren, wenn ein Knoten ausfällt.
Die erste Diagnose war, dass der Link (Verbindung) von storage-2 zum Core-Router dort wackelig ist. Deshalb entscheidet man sich dazu storage-2 komplett abzuschalten. Die Hoffnung: Das Ceph sammelt sich dann und verteilt die Inhalte neu, damit wieder hinreichende Redundanz sichergestellt ist. Das tritt jedoch entgegen unserer Annahme nicht ein.
Virtuelle Maschinen, welche viel Disk-IO (also Lese- und Schreiboperationen) verursachen (z.B. Mail, DHCP wegen logging oder Radius), stellten daher sofort ihren Dienst ein. Auf wundersame Weise überleben die IRC und Jabber/XMPP Server die Zeit ohne funktionierende Festplatten.
Erste Versuche den Link (Glasfaser und Optik) zwischen storage-2 und heilmann-core zu reparieren, scheiterten an einem SFP (Optik), auf dessen Schachtel Intel draufstand aber wohl doch nicht Intel drin war und deshalb die Netzwerkkarte den SFP nicht akzeptiert.
Um das Netz für unsere Mitglieder wieder halbwegs verfügbar zu machen, wird dann in den Morgenstunden des Dienstags (etwa zwischen 5 und 6 Uhr) auf kvm-dev (Virtualisierungsserver) die virtuelle Maschine 'notfall-1' mit lokaler Festplatte erzeugt und dort mit Ansible (schick, wa?) ein resolver und DHCP-Server installiert. Glücklicherweise hat einer von uns noch von der DHCP-Migration vor einer Woche die von den Update-Skripten erzeugte DHCP-Konfiguration im /tmp Ordner liegen. Sonst wäre das deutlich schwerer gewesen...
Auch nachdem erfolgreich in storage-2 und den heilmann-core neue SFPs und neue Patchkabel eingebaut wurden, will sich das Ceph immer noch nicht wieder zusammenbauen. Mal geht es aufwärts mit der Anzahl an 'guten' Objekten, um dann wieder zu sinken. So läuft das dann bis Mittwoch Abend. Im tcpdump
zwischen den Storage-Kisten fallen uns recht viele ACKs auf, aber mit iperf
laufen dennoch 10GBit/ über den Link...
Einem unserer aktiven Mitglieder fällt dann im IRC Chat auf, dass
ich hab grad die vermutung, dass der link zwischen heilmann-core-2 und -1 hin ist
ich hatte gerade jede menge loss dazwischen und testweise das routing umgebogen, dass der weg zu storage-2 nicht über den link geht
Daraufhin fängt sich Ceph wieder. Im weiteren Verlauf der Dinge stellt sich dann heraus, dass nicht der link zwischen den beiden Core-Routern in der Stadt wackelig ist, sondern die Strecke vom vaih-core-1 zum heilmann-core-2 wackelig ist. Auch das Tauschen und Putzen aller Glasfasern und SFPs ändert daran nichts.
Mit dem Routing über den kade-core hat sich das Ceph dann auch im nu zusammen gebaut, aber manche virtuelle Maschinen wollen gar nicht booten. Andere virtuelle Maschinen kommen nicht über die Initramdisk hinaus. Alles ganz komisch.
Also haben wir eine der Festplatten (der virtuellen Maschinen) mit rbd map
als Blockdevice auf einem der kvm-hosts (Virtualisierungsserver) gemapped und mit cat /dev/rbd0 | xxd
einen Dump (Speicherauszug) erstellt. Feststellung: Nach ein paar Megabyte bleibt die Operation hängen und will sich weder durch ^C noch mit kill -9
beenden lassen. Vermutlich findet bei rbd map
die Kommunikation mit den storage-nodes im Kernel statt und der syscall bleibt hängen. Das ist zum Debuggen natürlich gar nicht schön.
Deshalb haben wir mit rbd import
die Platte auf stdout (Standardausgabe) geschrieben und festgestellt, dass auch dies nach ein paar MB hängen bleibt, sich aber im Gegensatz zu der Methode davor mit ^C abbrechen lässt. Ein wenig Debuggen mit strace
zeigt, dass sich rbd
mit einem OSD (so heißen bei Ceph die Daemons (Dienste), die an den Platten im Storage dranhängen) auf Port 6914 verbinden wollte, aber ein "connection refused zurück kam". netstat
bestätigt, dass da tatsächlich ein OSD auf dem Port lauscht. Es stellt sich heraus, dass in der Firewall auf allen Storage-Knoten nur Ports 6700-6900 offen waren, Ceph aber die Ports 6800-7300 benützt. Interessanterweise steht in den Release notes von Ceph nichts von der Portänderung sondern nur in den verschiedenen Versionen der Dokumentation.
Nachdem das repariert war, wollen auch alle virtuellen Maschinen wieder hochfahren. Ein stichprobenartiges fsck
(Dateisystemüberprüfung) fand nirgendwo Fehler.
Woran lag's also?
Ursächlich war die kaputte Glasfaserstrecke zwischen Vaihngen und der Innenstadt. Dies hat zu Paketverlusten geführt aber der Link war noch da und deshalb sah das Routing keinen Grund, die betroffene Strecke nicht zu nehmen. Dem Ceph kann man hier nichts vorwerfen, Zitat:
und halb-kaputtes "Kabel" fickt am Ende jedes System
Das zweite Problem war, dass sich das Ceph nach Abschalten von einem der drei Knoten nicht wieder zu einem funktionierendem Zustand zurückkehren konnte. Weshalb wissen wir noch nicht. Die Firewallregeln von oben kann man ausschließen, da alle anderen OSDs auf nicht gesperrten Ports liefen.
Das dritte Problem war, dass die Firewall auf den storage-nodes falsch konfiguriert war. Weshalb das davor nicht aufgefallen ist wissen wir nicht genau. Wir vermuten, dass die OSD's bis jetzt immer zufällig auf den 'freigeschalteten Ports' liefen und das mit der neuen Version von Ceph sich der Bereich der Portnummern geändert/erweitert hat.
Was wollen wir noch verbessern?
Wir vermuten, dass durch die OSD-Crashes wegen kaputtem Netz einige Objekte nur auf storage-2 ge-ack-t waren, der restliche cluster hat diese dann nach dessen abschalten nicht gefunden und I/O blockiert. Deshalb konnten storage-1 und storage-3 sich nach abscahlten von storage-2 nicht mehr syncen.
Um das in Zukunft zu verhindern überlegen wir uns gerade wie wir unser Routing (OSPF) verbessern können. Folgende Möglichkeiten werden im Moment diskutiert um bei defekten Verbindungen die Routen möglichst schnell über andere Verbindungen laufen zu lassen:
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BFD (Bidirectional Forwarding Detection): Hierbei werden zwischen zwei Routern viele Pakete hin und hergeschickt. Sollten einige Pakete nicht oder nicht intakt ankommen wird der Link automatisch deaktiviert. Die Folge: OSPF baut die Routen neu und der Pakete nehmen einen anderen Weg.
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OSPF Metriken: Der defekte Link (Glasfaserstrecke) ist die (geographisch) längste die wir im Moment haben. Es bietet sich hier an die Metriken aller Links im Wohnheimnetzwerk über ihre Entfernung voneinander in Kilometern zu setzen.
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Carrier-Delay: Wenn ein Link instabil ist und häufig an/aus geht (flappt) müssen alle OSPF Teilnehmer (Router) ihren "Shortest Path Baum" neu bauen. Carrier-Delay sorgt dafür, dass ein Link erst dann verwendet wird wenn dieser eine gewisse Zeit stabil läuft.
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Dampening: Immer wenn ein Link down geht, bekommt dieser Link einen Malus (Penalty). Sollte diese über einen Schwellenwert steigen wird der Link deaktiviert. In bestimmten Zeitabständen wird der Penalty Wert halbiert.